Advent: Zeit der Erwartung (1)

Das Kirchenjahr – Advent

Erleben, dass Hoffnung im Dunkeln wächst

Mit dem ersten Advent beginnt das neue Kirchenjahr. Das lateinische Wort Advent bedeutet Ankunft, die Ankunft Gottes in Jesus Christus. Das Kirchenjahr beginnt deshalb mit Warten – und vor allem mit Erwartung: Warten ohne Ende und Ziel ist quälend: Adventliches Warten trägt Hoffnung in sich. Weil Advent zugleich die Vorzeit zu Weihnachten ist, ist sie eine frohe Wartezeit: Wir erwarten das Kommen Christi. Auch der 24. Dezember gehört, bis zum Einbruch der Dämmerung, zum Advent.

Gemäß der biblischen Zeitrechnung liegen zwischen den ersten Menschen und der Geburt Christi 4000 Jahre. So lange musste die Menschheit auf das Kommen des Erlösers warten. Jeder der vier Adventssonntage steht symbolisch für 1000 Jahre. Mit jedem Sonntag nähern wir uns dem Licht seines Kommens. Die Kerzen am Adventskranz sind ein Zeichen hierfür.

Die Adventszeit hat viele Gemeinsamkeiten mit der Passionszeit. Beide sind Zeiten der Vorbereitung auf ein großes Ereignis. Beide haben als liturgische Farbe violett. Dadurch kommt ihr Charakter als stille Zeit zum Ausdruck. Traditionell finden in diesen Zeiten keine Tanzveranstaltungen und auch keine Hochzeiten statt.

Erkenne dich selbst
Zu einem Einsiedler kamen eines Tages Menschen. Sie fragten ihn: “Welchen Sinn siehst du in einem Leben der Stille?” Er war gerade mit dem Schöpfen von Wasser aus einer tiefen Zisterne beschäftigt. “Schaut in die Zisterne, was seht ihr?”, fragte er. Die Besucher: “Wir sehen nichts.” Nach einer Weile forderte der Einsiedler sie wieder auf: “Schaut in die Zisterne, was seht ihr?” Sie blickten hinunter und sagten: “Jetzt sehen wir uns selbst.” Der Einsied1er sprach: “Als ich vorhin Wasser schöpfte, war das Wasser unruhig, und ihr konntet nichts sehen. Jetzt ist das Wasser ruhig, und ihr erkennt euch selbst. Das ist die Erfahrung der Stille.”

Nach einer Parabel

Bräuche in der Adventszeit

Adventskalender
Er führt vom 1. Dezember bis zum Christfest. Gerade für Kinder ist er eine gute Hilfe zur zeitlichen Orientierung.

Der Adventskalender hilft die Tage bis Heiligabend zu zählen. Seine Entstehung verdanken wir vermutlich einem kleinen ungeduldigen Jungen mit Namen Gerhard Lang. Weil seine Mutter die Fragerei ihres Sohnes nicht mehr ertragen konnte, nähte sie ihm 24 Gebäckstücke auf einen Karton. Dabei versprach sie ihrem ungeduldigen Kind, es könne jeden Tag eines der süßen Sachen essen. ‘Und wenn du alle aufgegessen hast, dann kommt das Christkind zu dir.’ Als Inhaber einer Druckerei erinnerte sich der 22-jährige Gerhard an den Einfall seiner Mutter und brachte im Jahre 1903 den ersten gedruckten Adventskalender heraus: einen Karton mit 24 Kästchen, dazu einen Bogen mit ebenso vielen bunten Bildchen. Jeden Tag musste man eines dieser Bildchen ausschneiden und aufkleben. Für jedes Kästchen hatte sich Gerhard Lang einen Vers ausgedacht. Der ‘Münchner Adventskalender’ fand schnell einen Platz in Kinderherzen und -zimmern.

Im Handel sind verschiedene Angebote erhältlich. Nicht immer muss er mit Schokoladenstücken gefüllt sein. Es gibt auch schöne Angebote mit biblischen Bildern oder Versen. Viel Freude bereitet es, einen Adventskalender selbst zu basteln. Für die 24 Tage können z.B. Stoffsäckchen genäht und unterschiedlich gefüllt werden. Der Hintergrund, auf dem sie aufgebracht werden, kann die Gestalt eines Hauses haben oder einer Person, z.B. dem Nikolaus nachgebildet sein.

Adventskranz
Auch der Adventskranz hilft zählen. Er zählt jedoch nicht die Tage, sondern die Wochen bis Heiligabend. Nicht immer hat es einen Adventskranz gegeben. Auch er hat eine
Geschichte: Es war vor ungefähr 150 Jahren in Hamburg. Dort lebte der evangelische Pfarrer Johann Hinrich Wichern. Er sah in seiner Stadt viele Straßenkinder, die heimatlos herumstreunten und bettelten, weil sie niemand hatten, der für sie sorgte. Das ließ ihm keine Ruhe. Deshalb gründete er ein Waisenhaus. Es wurde das ‚Rauhe Haus’ genannt und existiert heute noch. Hier fanden diese Kinder ein Zuhause.

Als nun die Adventszeit kam, wollte Johann Hinrich Wichern sie gern mit den Kindern besonders schön feiern. Für Adventskalender oder Geschenke, so wie heute, gab es kein Geld. Aber er hatte einen guten Einfall. Ab 1838 feierte er zunächst jeden Mittag, dann in den Dämmerstunden eine adventliche Kerzenandacht. Jeden Abend im Advent versammelte er die Kinder um sich zum Erzählen, Singen und Beten. Dazu zündete er am ersten Abend eine Kerze an, an jedem folgenden eine mehr bis zur 24. Kerze. Am Weihnachtsabend dann leuchtete ein Lichtermeer.

Einem Freund von Johann Hinrich gefielen diese adventlichen Feiern sehr, und er hatte eine weitere Idee. Im nächsten Advent baute er einen großen hölzernen Kronleuchter. Rundherum band er grüne Tannenzweige Auf ihm hatten nun alle 24 Kerzen Platz. Die Kinder freuten sich. Später hat Johann Hinrich Wichern selbst davon erzahlt:

Auf dem Kranze brennt das erste Licht, weil heute der erste Adventstag ist. Und kommt ihr morgen, dann brennen schon zwei, und übermorgen drei, und jeden Tag eines mehr. Und je mehr Lichter brennen desto näher rückt Weihnachten, und desto froher werden Knaben und Mädchen; und brennt der volle Kranz mit allen 24 Lichtern, dann ist er da, der heilige Christ, in all seiner Herrlichkeit.

Freunde von Johann Hinrich Wichern waren so begeistert, dass sie überall von diesem ersten Adventskranz erzählten. So dauerte es nicht lange da gab es in vielen Familien einen Adventskranz, Allerdings wurde aus dem großen Leuchter ein grüner Kranz aus Tannengrün mit vier Kerzen, für jede Adventswoche eine.

‘Wachsende Krippe’
In vielen Gegenden gibt es den Brauch, mit dem Beginn des Advents eine Krippe, eingebettet in eine Landschaft, aufzustellen. Dadurch wird das Geschehen, von dem die Bibel berichtet, bildlich vor Augen geführt. Man soll aber auch hier darauf achten, dass die jeweiligen Ereignisse nicht vor ihrer Zeit dargestellt werden. Die Krippe wird lebendig und gewinnt an Aussagekraft, wenn sie wächst, d.h. wenn sie erst nach und nach mit Personen und Gegenständen gefüllt wird. Das Kindlein wird erst am Heiligen Abend in die Krippe gelegt, die Könige kommen mit ihren Schätzen erst am 6. Januar (Epiphanias).

Plätzchen und Lebkuchen
gehören zur Adventszeit unverzichtbar hinzu. Wenn sie selbst gebacken sind, schmecken sie besonders gut. (siehe »» Weihnachten)


Barbaratag
Am 4. Dezember begeht man den Tag der heiligen Barbara. Der Legende nach lebte sie Anfang des 3. Jahrhunderts und starb wegen ihres Bekenntnisses zu Christus den Märtyrertod. Sie soll von ihrem eigenen Vater den Gerichten ausgeliefert worden sein. Sie gilt als Patronin der Bergleute und gehört zum Kreis der Vierzehn Nothlefer.
Der Brauch der Barbarazweige stammt aus dem 15. Jahrhundert. Am Barbaratag werden Zweige vom Kirsch-, Birnen- oder Pflaumenbaum abgeschnitten und in ein Gefäß mit Wasser gestellt. In Europa werden sie an Weihnachten blühen und so auf ihre Weise die Frohe Botschaft verkünden: neues Leben beginnt mit Jesus, dem Retter und Erlöser: “Es ist ein Ros entsprungen aus einer Wurzel zart.”
Mitten im Winter, in der dunklen und kalten Jahreszeit erhalten wir dort ein Symbol des Lebens und der Hoffnung.


Nikolaus sammelt Getreide für Hungernde

Nikolaus
Der heutige Nikolaustag (6. Dezember) ist der Todestag des Bischofs Nikolaus von Myra im Jahr 342. Viele Legenden ranken sich um seine Person. Nikolaus lebte im 4. Jahrhundert in Myra in Kleinasien, der heutigen Türkei. Er übte dort das Bischofsamt aus. Er gilt als gütiger Helfer in Schwierigkeiten aller Art, insbesondere jedoch als Freund der Kinder. Seit dem 6. Jahrhundert in Myra und Byzanz verehrt, verbreitet sich sein Kult im 10. Jahrhundert auch in Deutschland und anderen europäischen Ländern. Im 17.Jahrhundert entstand der Brauch des Besuches des Nikolaus in den Wohnungen. Die Kinder mussten Gebete und Bibeltexte aufsagen.

Später bekam er den Knecht Ruprecht an seine Seite, der auch die Rute mit sich führte. Mit dem aus dem Germanischen stammenden Knecht Ruprecht, einem bedrohlichen Gesellen, bekam der ursprünglich kinderliebe Nikolaus auch eine strafende Funktion. Wenn früher die Kinder vom Nikolaus noch einen Streich mit der Rute bekamen, so war dies ursprünglich keine Strafe, sondern eine Art Segensgeste. Die Rute war ein lebendiger Zweig, der bei einer Berührung Fruchtbarkeit verleihen sollte. Dieser Sinn der Rute ist in ihrer Bedeutung in Vergessenheit geraten; sie wurde oft als Strafinstrument mißbraucht. Der strafende Nikolaus hat mit dem historischen Vorbild nichts mehr gemein, diente aber manchem genervten Vater und mancher gestressten Mutter als ‘Erziehungshilfe’.

Nikolaus sammelt Getreide für Hungernde

Der Legende nach erweckte Nikolaus Schüler vom Tode – Anlaß, ihn zum Patron der Schüler und der Schule werden zu lassen. Bei Schulfesten wurde ein Kinderbischof bzw. Kinderabt gewählt und eingekleidet, der über die Erwachsenen Gericht hielt und sie durch einen ‘Knecht’ bestrafen oder belohnen ließ. Später kehrte sich in den Nikolausspielen, die sein Leben darstellten, das Verhältnis um: Nikolaus kommt, verhört die Kinder, belohnt und bestraft sie.

An Bischof Nikolaus erinnern die Spekulatius-Kekse. Sie sind ein Gebild-Brot und stellen ursprünglich Bischof Nikolaus dar. ‘Spekulatius’ heißt übersetzt so viel wie ‘Aufseher’ und ist eine alte Bezeichnung für einen Bischof. Apfel, Nüsse und Eßkastanien erinnern an die Gaben von Nikolaus. Nüsse sind überdies ein Zeichen für das Wort Gottes. Von außen scheint es hart wie Stein. Wer es jedoch zu knacken weiß, dem erschließt sich sein süßer Kern.

In Holland findet am Vorabend von ‘Sinterklaas’ (St. Nikolaus) das große ‘Weihnachtsfest’ mit Bescherung statt. In den Orten an der Küste kommt der Nikolaus in einem prächtigen Aufzug mit dem Schiff angefahren und bringt groß und klein Geschenke. Begleiter von Sinterklaas ist ein kleiner Mohr. Für holländische Kinder ist dies der schönste Feiertag im ganzen Jahr. Bis zum Jahr 1535 war es in Deutschland auch üblich, sich am Nikolaustag zu bescheren. Durch die Kritik an der Heiligenverehrung regte Martin Luther an, die Bescherung auf Weihnachten zu verlegen. Die Gaben brachte von nun an nicht mehr der heilige Nikolaus, sondern der heilige Christ (später verniedlicht zum Christkind).

Aus dem Nikolaus wurde in neuerer Zeit auch in Deutschland der Weihnachtsmann. Er ist ein auf Weihnachten gerutschter Nikolaus. Nikolaus wanderte somit vom (katholischen) Kirchenfest am 6.Dezember auf den Weihnachtstermin als evangelischen Tag der häuslichen, familiären Bescherung in Deutschland.

In den USA bringt Santa Claus am Morgen des 25. Dezember die Geschenke für die Kinder. Er kommt mit einem Rentierschlitten durch die Luft und wirft die Gaben durch den Kamin in die Häuser. Santa Claus ist eine recht junge Weihnachtsfigur in den USA. Sein roter Mantel wurde nicht, wie immer wieder behauptet wird, 1931 von Coca-Cola erfunden! Der fröhliche dicke Mann mit seinen acht Rentieren, die je einen eigenen Namen haben, ist eine Erfindung von Washington Irwin. Er hat ihn 1821 in einem Kinderbuch verewigt. Der gebürtige Rheinländer Thomas Nast zeichnete 1880 in den USA Santa Claus bereits auch mit rotem Mantel.

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