Der Untergang Judas (7)

Bildungsschatz Bibel

7. Der Untergang Judas
und das Exil
(721 – 538 v. Chr.)

| 2.Könige 16-25 | 2.Chronik 28-36 | Jesaja | Jeremia | Hesekiel | Zefanja | Nahum | Klagelieder | Baruch | Tobit | Daniel |

Exil

Das Südreich (Juda) sollte gut 100 Jahre länger existieren. Unter den Königen Hiskia und Josia kommt Juda kurzzeitig zu neuer Blüte. Eine neue Macht erscheint jedoch am Horizont: Nebukadnezar, der König der Babylonier. Er besiegt die Assyrer, die Ägypter und letztlich auch Juda und deportiert im Jahr 598 die ‘oberen 10000’ nach Babylon, mit ihnen Ezechiel und den König Jojachin.

Als der von Nebukadnezar eingesetzte König von Israel, Zedekia, von Babylon abfällt, erobert Nebukadnezar ein zweites Mal Jerusalem. Die Stadt und der Tempel werden niedergebrannt. Die meisten Einwohner Judas werdem 589 nach Babylon deportiert, wo sie in fünf Ghettos rund um Babylon ein mehr oder weniger eigenständiges Leben führen.

Die Zerstörung Jerusalems und des Tempels
sowie das Exil in Babylon sind nicht nur eine politische Katastrophe für Juda. Sie stürzen auch weite Teile des Volkes in eine Glaubenskrise. Das Exil wird trotzdem eine schaffensreiche Zeit, die die Vergangenheit theologisch reflektiert. Jesaja bringt es auf den Punkt, wenn er sagt: “Nicht die fremden Götter haben uns besiegt, Jahwe hat fremde Völker eingesetzt, um uns zur Umkehr zu bringen.”

Hatten die Propheten zu Zeiten des Wohlstands das Volk vor den Folgen des Abfalls von Gott gewarnt und den Untergang vorausgesagt, so machen sie nun den Gefangenen Mut.

Stellvertretung: Einer für alle – alle für einen

Alles Leben ist eng miteinander verbunden, so dass ein Leben für das andere eintreten kann. Ein ‘Sündenbock‘ kann nach alttestamentlicher Vorstellung stellvertretend für die eigene Schuld in die Wüste gejagt oder geopfert werden. Man kann aber auch stellvertretend für andere handeln, Lasten tragen und beten.

In Jesaja 53 kommt in den ‘Gottesknechtliedern‘ erstmals das stellvertretende Leiden vor. Nirgends ist Christus so anschaulich im Alten Testament wie an diesen Stellen. Jesus stirbt letztendlich für andere, damit sie nicht dem ewigen Tod ausgeliefert sind. Auch Paulus ist zum Leiden bereit, damit die Gemeinde leben kann.

Im Alltag führen Menschen oft einen Verdrängungskampf gegeneinander. Christen hingegen sollen füreinander leben und einander helfen. Die gegenseitige Verantwortung, das Füreinander-da-sein, die Solidarität, gehören zum Leben als Christ dazu.

Nahum

tritt nach der Eroberung des Assyrerreiches durch die Meder und Neubabylonier (Chaldäer) im Jahre 612 v.Chr. in Juda auf. Er feiert dieses Ereignis als Gericht Gottes über die “Stadt des Blutes”, Ninive (3,1).

Zefanja

gehört ebenfalls in die Epoche König Josias. Er verkündigt das Gericht Gottes über Jerusalem und Juda, aber auch über die Nachbarvölker. Nur ein “armes und geringes Volk” wird überbleiben (3,12).

Habakuk

ist wohl nach der Niederlage König Josias gegen die Ägypter 609 v.Chr. aufgetreten. Wieder ist Gottes Volk besiegt worden. Der Prophet fragt Gott, wie er das zulassen könne, und erhält die Antwort: Es wird noch schlimmer kommen, trotzdem muss man an Gott als Herrn der Geschichte glauben (“Der Gerechte wird aus Glauben leben”, Hab.2,4; vgl. Röm 1,17!).

Jeremia

Demgegenüber ist Jeremia die beherrschende Gestalt dieser Epoche. Durch seine Klagelieder (“Jeremiaden”) ist er als der leidende Prophet bekanntgeworden. Da wir nicht nur seine Worte (Verkündigungsquelle), sondern auch ausführliche Berichte eines Dritten (Baruch?) über sein Auftreten (Erzählquelle) haben, sind wir über Jeremia besser als über jeden anderen alttestamentlichen Propheten informiert.

Auftreten:
Zur Zeit der Könige Josia, Jojakim und Zedekia bis zum Beginn der 2.Deportation in Juda (627 – 587 v.Chr.) [vgl.2.Kön.22-25] »»
Zeit:
J. entstammt einer Priesterfamilie in Anatot nahe Jerusalem. Er ist bereits als junger Mann berufen worden und hat sich immer wieder gegen seinen prophetischen Auftrag gewehrt (1,6). Angesichts des bevorstehenden Gerichtes bleibt er ehe- und kinderlos (16,2).

Botschaft:
  • In der Frühzeit seiner Berufung (Kap.1-6) wirft J. seinem Volk Abgötterei vor; Gott wird es dafür bestrafen: “Ein siedender Kessel kocht über von Norden her” (1,13).
  • In der Zeit der josianischen Reform scheint J. wohlwollend geschwiegen zu haben (Jer.22,15 zeigt eine positive Bewertung des Königs).
  • Nach dem Tod Josias 609 v.Chr. kehren die Könige zum alten Götzendienst zurück (Kult der Himmelskönigin Jer.44,23); politisch ist Juda immer wieder von den Chaldäern abhängig oder besetzt. J. ruft in dieser Zeit dazu auf, sich Nebukadnezar nicht zu widersetzen, sondern ihn als Werkzeug des Gerichtes Gottes zu akzeptieren; er wird deshalb mehrmals gefangengesetzt und erst bei der 2.Eroberung Jerusalems auf Geheiß Nebukadnezars freigelassen (Jer.39). Kurze Zeit später verschleppen ihn jüdische Nationalisten nach Ägypten; dort verliert sich seine Spur (Jer.41-43).
  • Heilsweissagungen: Erst nachdem das Gericht Gottes eingetroffen ist, wird Gott seinem Volk Heil geben: die Exilierten werden zurückkehren, Jerusalem wird wieder aufgebaut (Jer.33,4ff.); am Ende wird Gott einen neuen Bund mit Israel schließen, indem er seinen Geist in sie legt, so dass sie seinen Willen von sich aus tun (Jer.31,31ff.).

Hesekiel

Person:
Hesekiel (hebr. Ezechiel) wurde 598 v.Chr. nach Babylon deportiert und dort 593 zum Propheten berufen (Hes.1,1-3). Er ist Priester, ein Mann von weiter theologischer und weltlicher Bildung, der die Vorgänge in seiner Heimat Juda und den Nachbarstaaten genau verfolgt (33,41).
Botschaft:
H. sieht zurück auf die Geschichte Israels seit der Zeit in Ägypten und findet darin fortwährende Untreue gegenüber Gott (Hes.16;20;23). Darum steht eine weitere Katastrophe bevor: Jerusalem wird besetzt; Gott wird den Tempel und damit sein Volk verlassen (11,22: die “Herrlichkeit Gottes” fliegt in Richtung Osten!). Erst danach wird Israel aus allen Völkern gesammelt werden und einen neuen David als Hirten bekommen; dann wird auch der Tempel neu gebaut werden (36,24; 37,24; 40ff.).

Gliederung des Buches Hesekiel:
 Kap.1-24:      Unheilsworte über Jerusalem und Juda
     25-34:     Orakel über die Völker
     33-48:     Heilsweissagungen

Deuterojesaja

Person und Zeit:
Im Gegensatz etwa zu Jeremia wissen wir kaum etwas über die Person des Propheten, sogar sein Name ist ein Kunstbegriff: “Deuterojesaja”, also zweiter Jesaja, wird er genannt, weil von ihm die Kapitel 40-55 des Jesajabuches stammen. Die Eigenständigkeit dieses Teils wird deutlich durch
  • die Berufung des Propheten in Jes.40, 3-8 (entsprechend der Abschluss Jes.55,6-13)
  • konkrete Angaben zur Exilszeit (Kyros kommt als Befreier vom babylonischen Joch: 43,14; 45,1)
  • eine ganz eigene Thematik: Heilsprophetie (s.u.).
D. trat nach der Zerstörung Jerusalems (seit 587 v.Chr.) im Babylonischen Exil auf, löst zeitlich also Hesekiel ab. Er hat den Aufstieg des Kyros miterlebt, kennt aber nicht dessen Erlass von 539, den Tempel wieder aufzubauen.
Botschaft:
Hauptanliegen D.’s ist, das verängstigte und resignierte Volk Juda im Exil zu ermutigen: “Tröstet mein Volk, spricht der Herr” (Jes.40,1). Seine Heilsbotschaft:
  • Gott ist der Herr der Geschichte; er hat den persischen König Kyros zum Werkzeug der Befreiung berufen (41,25).
  • Gott vergibt seinem Volk; Juda wird aus der Gefangenschaft zurückkehren (43,14ff.).
  • Jerusalem und der Tempel werden neu erbaut werden (44,28).
  • Auch die Heiden bis an die Enden der Erde werden zum Heil berufen (49,6).
  • Dabei spielt für D. der kommende Gottesknecht die entscheidende Rolle.

Der Gottesknecht

  • hat den Geist Gottes (42,1)
  • heilt Blinde, befreit Gefangene (42,7)
  • wird zum Licht der Heiden (42,6)
  • leidet stellvertretend für die Schuld der Menschen, stirbt und wird “in die Länge leben” (53,10, vgl. Phil.2,5-11) »».

Wer ist mit diesem Gottesknecht gemeint? Es gibt verschiedene Möglichkeiten:

  1. Deuterojesaja selbst oder ein anderer Prophet (“Er hat mich von Mutterleib berufen” – Jes.49,1=Jer.1,5)? Aber der Gottesknecht wird auch “aufs Höchste erhoben”, “über Könige gestellt” (Jes.52,13ff.)!
  2. Ein zukünftiger König? Aber er herrscht nicht, sondern dient! (Jes.53)
  3. Das Volk Israel? Aber der Gottesknecht soll ja die Stämme Israel wieder zurückbringen! (Jes.49,6)

Mit dem Gottesknecht zeichnet D. eine Gestalt, die Priester, Prophet und König zugleich ist und im ganzen Alten Testament keine Entsprechung hat. Die frühe Christenheit hat darin unmittelbar Jesus Christus wiederentdeckt (Apg.8,26ff.).

Deuterojesaja wird damit innerhalb des Alten Testamentes zum Hauptzeugen für das Neue Testament.

Daniel

Das Danielbuch ist um 165 v.Chr. entstanden und damit das jüngste Buch des AT. Es spiegelt den Übergriff der Seleukiden auf den jüdischen Tempel (“Greuel der Verwüstung”) wider. Die Erzählungen von der Treue des Daniel und seiner Freunde wollen Mut machen, sich trotz Verfolgung zum Glauben zu bekennen. Angesiedelt im 6.Jahrhundert v.Chr., prophezeit das Buch die kommenden Reiche der Babylonier, Meder, Perser und Griechen, denen das göttliche Reich des Menschensohnes folgen wird (Dan.7). Das Buch ist geprägt vom Denken der Apokalyptik, nach dem das Weltende und damit Gottes Reich nahe ist (s.Umwelt des Neuen Testamentes).

Baruch

Der geschichtlichen Einleitung in 1,1-14 zufolge ist das kleine Buch von dem Freund und Sekretär des Propheten Jeremia geschrieben worden, von dem im Jeremiabuch berichtet wird (Jeremia 36,4-32; 45,1-5). Er habe es den Deportierten in Babel vorgelesen, die daraufhin Geld für ein Opfer sammelten, das im Jerusalemer Tempel für den König Nebukadnezzar und seinen Sohn Belschazzar dargebracht werden sollte; denn wenn es den Mächtigen gutginge, hätten auch die nach Babylonien Verbannten weniger zu leiden. Die Angaben enthalten jedoch so viele historische Unstimmigkeiten (so war der Tempel in Jerusalem in der Zeit des Exils zerstört), dass das Buch wesentlich später (1 .Jahrhundert v.Chr.) enstanden sein muss. Der Verfasser ist unbekannt.

Das Buch beginnt mit einem Bußgebet der Verbannten. Es deutet die Deportation als Strafe dafür, dass das Volk nicht dem Willen seines Gottes gehorcht, sondern eine eigenmächtige Politik betrieben habe. Zugleich spricht es jedoch das Vertrauen aus, dass Gott das reumütige Volk aus der Gefangenschaft befreien wird.

Im anschließenden Lobpreis der Weisheit (3,9 bis 4,4) kämpft der Verfasser dagegen an, dass Israel Weisheit bei den griechischen Philosophen sucht. Gott schenkt Weisheit, darum muss sie auch bei ihm gesucht werden.

Im abschließenden Teil (4,5 bis 5,9) klagt Jerusalem selbst als trauernde Witwe Gott sein Leid und erhält die Zusage, dass Gott sein Volk zurückbringen wird.

Tobit

Eine “wahrhaft schöne, heilsame und nützliche Dichtung” – so charakterisierte Martin Luther das Buch Tobit. Es enthält eine erbauliche Familiengeschichte, die in zwei Erzählstränge zerfällt:
Der eine berichtet von der Verarmung, Erblindung und schließlichen Rettung des frommen Tobit; der andere von der Befreiung der von einem Dämon besessenen Sara und ihrer Hochzeit mit Tobits Sohn Tobias durch die Hilfe des Engels RafaeI. Die Handlung spielt in der Zeit nach dem Ende des Nordreichs Israel (722 v. Chr.) unter den nach Assyrien deportierten lsraeliten; doch spiegelt sich in ihr das Gesamtschicksal des geschlagenen und unter die Völker zerstreuten Gottesvolkes. Ziel der Erzählung ist es zu zeigen, wie Gott seine Getreuen wunderbar führt.

Das Buch ist – abgesehen von einigen hebräischen und aramäischen Bruchstücken – nur in griechischer Sprache auf uns gekommen. Entstanden ist es wohl im 2. Jahrhundert v. Chr.; der Verfasser ist unbekannt.

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